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- Helmut R Leppien (Hamburger Kunsthalle)
- Wittwulf Malik - Gedanken zu Dieter Nestlers Hafen-Bilderwelt / Sehen und Hören
- Arne Rautenberg - In Hafensphären (Gedanken zu den Arbeiten von Dieter Nestler)
- Jürgen Schneyder Zeit-Geist und Uhr-Sachen
- Dieter Nestler - Jalousiebilder
- Dieter Nestler - Wasserspiegelungen
- Dieter Nestler - Container-Bilder
- Dieter Nestler - Werftblöcke
- Dieter Nestler - Werftstücke
- Dieter Nestler - Kleine Weltreise oder der Hafen als „Ready Made“

 


Container-Bilder
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Irgendwann tauchten Container auf meiner Route auf. Es gab kein Entrinnen vor diesen schwerfällig dahinrollenden Bildwänden auf der Container-Route. So musste ich mich dieser neuen Handelsgrammatik zuwenden und lernte bald ehrfürchtig Abstand zu halten vor „Poison“, „Explosive Liquid“ und „Dangerous Goods“. Ich verfolgte den Weg zum Terminal, wo sie sich haushoch stapelten, Fluchten und Schluchten bildeten. Mein Interesse galt nie dem nutzlastigen Inhalt, sondern der Zeichensprache, die diese metallenen oder mehrfachsperrholzverleimten Kisten aussenden, dieser vielfältigen und vielschichtigen Beredsamkeit des internationalen Cargo-Gigantismus. Eine ausdrucksvolle realistische Sprache, eindeutig für den Kundigen, der tagtäglich Umgang mit ihr pflegt. Ein Ordnungssystem, gebunden an Güter, Chiffren und Strukturraster.

Zunächst übernahm ich die Struktur dieser metallenen Kisten. Erst als senkrechte Gliederungsmöglichkeit der Bildfläche, später in allen möglichen Strukturvarianten. Es entstanden komplizierte Bildkonzeptionen, die u.a. zu Kompositionen auf mehreren Bildebenen führten. Der Verzicht auf die illusionistischen Strukturraster, die dem Gliederungsprinzip des Containers entlehnt waren, eröffnete größeren gestalterischen Spielraum für materialbetontes Arbeiten.

Und in dem Maße, wie meine Arbeiten wieder das Material zuließen, sich vom Abbildhaften entfernten, Fundstücke aufnahmen und Objekt-Charakter bekamen, dokumentierte ich die Quellen meiner Inspiration fotografisch. So entstand ein Depot von Fotos aus dem Bereich des Hamburger Hafens: Schiffe, Brücken, Kräne, Gerät als Inventar eines gigantischen Skulpturenparks. In späteren Arbeiten konnte ich auf diesen Fundus als Collagematerial zurückgreifen. Wenn ich ein Emblem oder ein Wort übernehme, interessiert mich weniger die zweckgerichtete Bedeutung als vielmehr die Möglichkeit, zwischen diesen Zeichen und anderen Bildelementen neue, überraschende Beziehungen zu finden.

Abmalen habe ich allerdings nie im Sinn, auch wenn hier und da mal ein kleines Trompe-l´oeil unterläuft. Ich bewege mich frei und mutwillig in diesem unerschöpflichen Pandämonium der Cargo-Sprache. Ich beute sie aus als Lieferant von Bildideen, kopiere Firmenzeichen und Gefahren-Labels, reiße sie auseinander, füge Unterschiedliches zusammen, überlagere Teile, lasierend, deckend, collagierend, verdrehe sie, stelle sie auf den Kopf, ändere ihre Farbe, verliebe mich in Scheuer- oder Kleckerspuren, Rostflecken, Reparaturflicken oder die Jungfrau Veritas, Schutzpatronin der Transportversicherer.

Auch transferiere ich handschriftliche Vermerke, Fragmente von Bestimmungshinweisen, die oft skurrile dadaistische Zufallswortspiele hervorrufen. Nicht alle Zeichen sind bereits in Umlauf. Manchmal erfinde ich neue und entlasse sie, meinem gestalterischen Expansionstrieb folgend, in einen fiktiven Handelskreislauf:

Containerlandschaften – Landschaftscontainer

Dieter Nestler